Donnerstag, 13. Juni 2013

SocialMedia: Perfekte Werkzeuge für Tagungen mit Echtzeit-Dokumentation

Bin gerade aus Berlin-Spandau ins Homeoffice mit Gartenblick zurückgekehrt...

... so hatte ich diesen Blogpost am 5. Juni begonnen zu schreiben. Allerdings hatte ich den Umfang des Beitrags unterschätzt, so dass ich wegen anderer beruflicher Einsätze erst heute wieder die Zeit fand, meine Eindrücke als Moderatorin der dreitägigen Tagung "GUT DRAUF" zu verarbeiten. Dabei stelle ich fest, dass ich viel Inspirierendes von dort mitgebracht habe: Zum ersten Mal nämlich habe ich eine Konferenz miterlebt, die mittels sozialer Medien quasi in Echtzeit öffentlich dokumentiert und kommentiert wurde. Ja ja, ich weiß, ihr lieben Digital Men and Women - das hört sich für euch total antiquiert an. Aber abseits aller (Un-)Konferenzen, die sich direkt um das Thema SocialMedia drehen, herrscht noch immer diejenige Konferenz vor, deren Dokumentation Tage (oder eher Wochen) später in Form von PowerPoint-Folien der Referierenden ins Netz gestellt wird. Hand aufs Herz: Wer schaut da noch wirklich rein?

Das Thema der Tagung, von der ich jetzt berichte, hat mit meinem Kernfeld "Erneuerbare Energien" unmittelbar gar nichts zu tun - mittelbar aber doch. GUT DRAUF ist ein Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit dem Ziel, Jugendliche in Bezug auf Ernährung, Bewegung und Stress-Bewältigung zu stärken. Somit ist diese Tagung ebenso wie die Erneuerbaren Energien im weiten Feld "Nachhaltigkeit" angesiedelt. Und deshalb fühlte ich mich auch in diesem Thema zuhause.

Das Programm der Konferenz stand in direktem Kontext zu digitalen Medien und deren Nutzung in der Jugenddarbeit. Da lag es nahe, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Möglichkeiten und Chancen digitaler/sozialer Medien zu nutzen, um die Tagung entsprechend zu begleiten und in Echtzeit zu dokumentieren. Der Ansatz gefiel mir so gut, dass ich ihn gern für mich/Euch/Sie ausgewertet habe und im Folgenden skizziere. Vielleicht habe ich ja Glück und erlebe es noch, dass die Echtzeit-Dokumentation irgendwann zum Konferenzstandard gehört.


Die Agentur, in deren Händen die Organisation der Tagung lag, hatte ein Bloggerteam engagiert. Dieses Zweierteam - Guido Brombach vom Dotcom-Blog und Ute Demuth - sorgte dafür, dass alle Plenarveranstaltungen der Tagung als Video festgehalten und Stück für Stück hochgeladen wurden. Parallel statfindende Workshops wurden per Fotokamera oder auch Podcasts (Gespräche mit den Teilnehmenden) dokumentiert. Zusätzlich wurden die Programmabschnitte über diverse Kanäle und unter Mitwirkung der Teilnehmenden und Referent(inne)en aus unterschiedlichen Perspektiven heraus in Echtzeit kommentiert/dokumentiert.

Struktur

Zentrale Schnittstelle aller Online-Aktivitäten war der GUT DRAUF-Blog. Im "laufenden Geschäft" wurden die Blogposts genutzt, die jeweils aktuellen Dokumentationen der einzelnen Programmteile vorzustellen. Den aktuellen Blogposts vorangestellt (auf der Startseite) war eine Slideshow mit Links zu den Highlights des Tages.

Hervorragend fand ich die Lösung, das Programm der Tagung auf dem Blog nach und nach um die Dokumentationen der Plenumsveranstaltungen zu ergänzen - auf diese Weise wurde eine übersichtliche Struktur geboten und die Orientierung erleichtert. Die Workshops hatten eine eigene Blogseite, auf der die Dokumentationen abrufbar waren.

Die rechte Seitenleiste des Blogs bot während der Tagung laufend aktualisierte Übersichten über die aktuellen Kommentare von Teilnehmer(inne)n zu einzelnen Programmpunkten, die neuesten Nachrichten per Twitter zur Tagung oder eine Auswahl von Fotos auf Flickr.


Werkzeuge

Im Blog lief am ersten Konferenztag permanent der Livestream zu den Plenarveranstaltungrn. Da sich die Zugriffszahlen hier allerdings in Grenzen hielten, wurde für die beiden Folgetage entschieden, die Tagung stattdessen aufzuzeichnen und abschnittsweise zeitnah auf YouTube hochzuladen. Beides anzubieten (also Livestream und Speichern zum Hochladen), wurde wegen der damit verbundenen Mehrkosten verworfen. Ich persönlich konnte die Entscheidung gut nachvollziehen: Wer an der Tagung nicht teilnehmen konnte aber dennoch interessiert war, wird eine gewisse Zeitverzögerung sicher gern in Kauf genommen haben - und die Teilnehmenden selbst freuen sich über die Möglichkeit, später noch einmal reinschauen zu können.

Zusätzlich zu den direkt in die Blogposts eingebundenen Fotos gab es eine kleine Auswahl aus der Kategorie "Gesamtimpressionen" in einem Flickr-Album. Podcasts wurden genutzt, um Interviews mit Referierenden oder Teilnehmenden zu veröffentlichen und damit die Dokumentation um eine wichtige persönliche Note zu bereichern. Per Twitter wurden unter dem Hashtag #gutdrauf13 persönliche Eindrücke und aktuelle Mitteilungen gesendet. Auf die Nutzung des Facebook-Accounts wurde bewusst verzichtet, weil die Integration in den Blog schwieriger gewesen wäre - eine Nicht-Einbindung aber hätte dem Ansatz "alles läuft auf dem Blog zusammen" widersprochen.


Eine interessante Ergänzung zur Tagungsdokumentation war der Einsatz von Etherpads: Zu den Plenarvorträgen wurde jeweils ein Etherpad angelegt, womit theoretisch die Möglichkeit geschaffen wurde, den Vortrag ausführlicher zu kommentieren, gemeinsam an der Dokumentation zu arbeiten, Fragen zu stellen und mit den Referent(inn)en in den Dialog zu treten. Nach meinem Eindruck wurde dieses Instrument nicht sehr eifrig genutzt (zu den möglichen Gründen siehe unten).

Um den Teilnehmenden das Mitmachen zu erleichtern, wurde eine eMail-Adresse eingerichtet, mit deren Hilfe jede/r auf sehr einfache Weise selbst einen Blogpost erstellen konnte. Und weil die Nutzung der vielfältigen digitalen Möglichkeiten ohne entsprechendes Gerät natürlich nicht möglich ist, gab es sogar insgesamt zehn iPads zum kostenlosen Ausleihen.

Zu Beginn des 2. und 3. Konferenztages gab ich als Moderatorin jeweils einen (Offline-) Überblick über die Blog-Aktivitäten vom Vortag - um zu zeigen, dass der Blog "lebt" und um möglichst noch mehr Teilnehmer/innen zum Mitmachen zu motivieren.


Notwendige Rahmenbedingungen

Diese Art der Echtzeit-Dokumentation erfordert natürlich gewisse Rahmenbedingungen. Einige seien hier kurz skizziert:
  • Das Tagungsprogramm wird Stück für Stück gefüllt (siehe oben) - das erleichtert die Orientierung.
  • Nötig ist das Einverständnis der Teilnehmenden mit der Veröffentlichung der Fotos im Internet, sofern sie darauf erkennbar sind (wurde hier super gelöst in Form einer "opt-in-Lösung": Jede/r, der mit der Veröffentlichung einverstanden war, klebte sich gut sichtbar einen grünen Punkt auf das Namensschild.)
  • Es gibt eine dauerhaft funktionierende WLAN-Verbindung mit ausreichenden Kapazitäten am Tagungsort (was leider längst nicht überall selbstverständlich ist - auch hier brachen die Verbindungen häufig zusammen).
  • Alle Teilnehmenden (egal ob Moderatorin, Referierende oder Teilnehmer/innen) sprechen alles, was an die Gesamtheit gerichtet ist, in ein Mikrophon - damit die Videoaufzeichnungen lückenlos sind.
  • Regelmäßig wird von den Online-Aktivitäten berichtet, um die Motivation zum Mitmachen zu steigern.

Schwachstellen/Hindernisse

Es soll hier selbstverständlich nicht verschwiegen werden, dass es - neben der unsicheren WLAN-Verbindung - an der einen oder anderen Stelle auch mal hakte:
  • Die Zahl der Teilnehmer/innen, die sich an der Dokumentation durch Nutzung der verschiedenen Kanäle beteiligten, war relativ gering.
  • Die Tagungsteilnehmer/innen waren so eingespannt in das Tagungsprogramm, dass oft die Zeit dafür fehlte, sich daneben auch noch um die Bereicherung der Dokumentation zu kümmern.
  • Viele Teilnehmer/innen waren in der Nutzung sozialer Medien wenig geübt und taten sich folgerichtig schwer, sich auch auf diese Weise zu beteiligen.

Fazit
Sollte irgendjemand argwöhnen, eine solche Echtzeit-Dokumentation würde die Veranstalter künftig vor leeren Reihen sitzen lassen, weil die Interessierten die Veranstaltung lieber von  Zuhause aus verfolgen: Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Wer - aus welchen Gründen auch immer - der Tagung ferngeblieben ist, kann anhand der Dokumentation erkennen, was er oder sie alles verpasst hat. Eine solche Form der öffentlichen Berichterstattung macht sicher sehr neugierig und ich kann mir vorstellen, dass sich so manche/r Abwesende gewünscht hat, dabei gewesen zu sein (nächstes Mal dann aber ganz bestimmt!).

Mir hat der Ansatz - wie oben geschildert - sehr gut gefallen. Deshalb ein dickes Lob für die Agentur! Und das Bloggerteam hat hochprofessionell, engagiert und motivierend gearbeitet.

Um noch mehr Teilmehmende in die Dokumentation einbeziehen zu können, wäre es künftig sicher hilfreich, offizielle Zeiten einzuplanen, die für die Online-Beteiligung gedacht sind (vielleicht auch gekoppelt mit kleinen leicht verständlichen "Wie-geht-das?-Sequenzen". Insbesondere für die weniger SocialMedia-Erfahrenen könnte das die Mitmach-Schwelle senken. Hilfreich in diesem Zusammenhang könnte es auch sein, wenigstens einmal am Tag nicht nur die Blog-Aktivitäten vom Vortag offline zu resümieren sondern auch den Blog selbst online und per Beamer sichtbar zu machen, um den Teilnehmenden einen lebendigen Eindruck von den Möglichkeiten des Mediums zu vermitteln.

Lange Rede, kurzer Sinn: Optimal wäre es, wenn die gemeinsame Arbeit an der Dokumentation via Blog und andere Medien integraler Bestandteil einer Tagung wäre - der oben geschilderte eher additive Ansatz ist aber schonmal ein großer Gewinn für alle.


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